Heute gab es ein Konzert von Pianocello.
Juliane Gilbert – Violoncello
Almuth Schulz – Piano
Mit „Musik zwischen Klassik, Romantik und Jazz“ hatten Juliane Gilbert und Almuth Schulz aus Dresden ihr Programm umschrieben. Passend zur Passionszeit hatten sie zusätzlich einige Kirchenchoräle in das Konzert aufgenommen. Dass beide Musikerinnen auch in der improvisierten Musik zu Hause sind, machten sie gleich bei den ersten Takten eines Menuetts von Johann Sebastian deutlich. In Bachs exakte Klänge mischten sie synkopische Rhythmen, wie man sie aus dem Jazz kennt – gewollte Abweichungen von der gewohnten Betonung.
Auch bei späteren Stücken war zu hören, dass die Musikerinnen ihre Freude daran hatten, aus den Originalkompositionen etwas neues werden zu lassen. Hinter ihren Improvisationen verschwanden die originalen Melodien oft – um dann doch immer wieder hervorzukommen. „In unserem Programm wollen wir die Grenzen der Musik überschreiten und zwischen den (musikalischen) Welten wechseln“, erklärte Almuth Schulz. „Wir möchten die Stimmung der Musik transportieren und auch Leute erreichen, die sich vielleicht nicht die komplette Matthäus-Passion anhören würden“. Mal werden alte Kirchenchoräle lautmalerisch begleitet, um der Seele Raum zu geben und Gedanken schweifen zu lassen, mal dienen Tangos von Astor Piazolla oder Klavierstücke von Chick Corea den Musikerinnen als Inspiration. So überwindet die Musik scheinbar spielend leicht den riesigen Zeitunterschied von 300 Jahren. Zwischendurch erklingen am Cello die Solo-Suiten von Bach – „dem Lieblings-Repertoire von Cellisten“, wie Juliane Gilbert feststellte.
Auch bei Eigenkomposition von Almuth Schulz hört man die Traditionen der Alten Musik immer wieder heraus, bei der es durchaus üblich war, Gefühle durch Töne wiederzugeben. So beginnt ihre Passionskantate „So sehr hat Gott die Welt geliebt“ mit langsamen, durchdringend klagenden Tönen auf dem Cello, zu denen vom Klavier nur wenige Akkorde beigefügt werden, die sie später immer raumgreifender variiert.
Interessant auch, wenn die Musikerinnen Paul Gerhards Lied „Oh Haupt voll Blut und Wunden“ als Grundlage nutzen und collagenartig Bachs akkurate Notensprache mit eigenen Klängen verweben. Wenn sie Piazollas „Liber Tango“ mit Schuberts „Ich hab‘ heut nacht geträumet“ mischen oder wenn Engelbert Humperdincks „Abendsegen“ böse Geister fernhalten muß, die dem Stück in Form dissonanter Töne vorangestellt werden.
Das als „Improvisationen zur Passion“ angekündigte Konzert war weit von einem Abend voller Andacht und Besinnlichkeit entfernt. Vielleicht war es gerade dieses Abweichen von Erwartungen, die das Schönebecker Publikum begeisterte. Denn in den improvisierten Stücken konnten die Musikerinnen ihre Gefühle voll und ganz in Töne umsetzen, viel mehr als beim bloßen Abspielen der notierten Musik. Und wenn gleich neben der Passionsmusik auch ein Frühlingswalzer erklingt, dann ist mit Almuth Schulz‘ Worten „die Musik so bunt wie das Leben“.